SABINE JELINEK

Druckgrafik, die Druckgraphik

Salzamt Linz 2017

 

Im Zentrum der Ausstellung stehen elf künstlerische Positionen, welche die Vervielfältigung und deren Strategien auf unterschiedliche Weise interpretieren. Dabei öffnet sich ein Spannungsfeld, das vom traditionellen Einsatz der Drucktechnik, über den erteilten Druckauftrag, bis hin zu Arbeiten reicht, die den Begriff der Vervielfältigung auf einer Metaebene verhandeln.

 

The exhibition focuses on eleven art positions, which interpret strategies of multiplication in different manners. This opens up a field of tension that ranges from the traditional use of printmaking, through the commissioned print job, to works that negotiate the concept of duplication on a meta-level.

Kurator: Martin Bischof

 

DIE FALTE 2017

In der Werkserie „Die Falte“ beschäftige ich mich mit Faltenwürfen, die in der Barockzeit ihre höchsten Ausformungen gefunden haben - die Architektur, die Kunst und die Licht- und Schattenführung des Barock betonen Faltungen. Auch die Philosophen des Barock haben dessen Ideale in ihr Denken aufgenommen. So stellt zum Beispiel für Leibniz „die Falte die Repräsentation von der abstrakten Idee der Seele dar.“ 1

Meine Arbeit Der blinde Fleck liegt in der Falte kreist um die Frage was in der Falte oder Faltungen eigentlich verdeckt liegt. Etwas, das eigentlich da ist, im Dunkeln hinter oder in ihr existiert. Aber was ist darin verborgen? Die Seele? Für Leibniz bieten Bilder eine semantische Schwerkraft, die das Denken auf eigenwillige Weise ermöglicht und konditioniert. „Bilder wirken dynamisch auf eine im Raum des Gehirns aufgestellte Leinwand, die aber nicht eben, sondern durch Falten aufgegliedert ist. Diese Stellen die eingeborene Kenntnis dar.“2 So hat auch Leibniz, dessen Denken sich auf mathematische und logische Konstruktionen stützt, seine eigenen Gedanken mit Zeichnungen, Entwürfen und Druckgrafiken ergänzt, wie zum Beispiel mit seinem „Leib-Seele-Pentagramm“.

Ebenso wie zur Mathematik, entwickelten im Barock Wissenschaftler und Philosophen Theorien über das Vakuum. „Für Descartes war der interstellare Raum durch eine schwebende, unsichtbar feine Materie erfüllt, die in Form gebogenere Sphären zwischen den Sternen vermittelte.“3 Bilder von kreisförmig sich durch runde Sphären ausbreitendem Licht gab es im Barock immer wieder. Die Eins gegenüber dem Nichts spielt auf eine Vorläufer-Darstellung aus Matthäus Merians Schöpfungszyklus an, „der mit der Darstellung der schwarzen Unendlichkeit eingesetzt hatte“ 4 und zur Entwicklung des dyadischen „0“ und „I“- System von Leibniz beitrug.

Das Dunkel ist notwendig als Grund- und Kontrastmittel. Zu Leibniz’ Jugendzeit wurde die Drucktechnik des Mezzotinto entwickelt, die seinem Erkenntnismodell entsprach. Im Gegensatz zu den meisten anderen Techniken des Hoch- und Tiefdrucks wurden nicht schwarze Linien auf eine weiße Grundfläche gebracht, sondern Aufhellungen aus einem dunklen Grund herausgeholt. Cyanotypie, ein sogenanntes Edeldruckverfahren, welches in meiner Werkserie „Die Falte“ zum Einsatz kommt, ist in seiner Anfangsphase noch von der Fotografie entkoppelt und eine der ersten Direktbelichtungstechniken, wobei man außer dem Abzubildenden bloß noch Dunkelheit, Sonnenlicht und ein bisschen Materie benötigt.

 
1) aus: Interview Chris Dercon mit Wolfgang Tillmans, monopol 02/2017
2) aus: Horst Bredekamp: Die Fenster der Monade, Gottfried Wilhelm Leibniz’ Theater der Natur und Kunst, Akademie Verlag 2004, S. 20)
3) ebd. S. 49/50
4) ebd. S. 99

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„Drap Ery“ 2017, Digital Print on Transparency Paper, 77 x 80 cm / „Drapery, London“ 2017, Fineartpaper Print, 71,5 x 51 cm / „Faltenwurf, Paris“ {Drapery} 2017, Fineartpaper Print, 47 x 66 cm / „Der Morgen, Mies“ {The Morning, Mies} 2017, Fineartpaper Print, 67 x 48 cm / „Partikelstrukturen des Weltalls, Descartes“ {Particle structures of the universe, Descartes} 2017, Digital Print on Transparency Paper, 80 x 55 cm / „Der blinde Fleck liegt in der Falte“ {The Blind Spot lies in the Fold} 2017, Cyanotype-on Fabric, 80 x 80 cm / "Leib-Seele-Pentagramm, Leibniz“ {Pythagorean Pentagram, Leibniz} 2017, Digital Print on Transparency Paper, 77 x 80 cm

Exhibition views: Druckgrafik, die Druckgraphik, Atelierhaus Salzamt, Linz, 2017

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